Abo-Ausschreibungen: Den richtigen Dienstleister finden

Uwe Henning – Montana Medien – Experte für Abomarketing – Abowerbung – Direktmarketing – Medien Marketing – CRM – Kundenbindung – Dialogmarketing – Abo-Kundenservice – Presse-Vertrieb | Porträt 1820b 700x800px
Von Erschienen am: 01.02.2019Kategorie: CRM, Vertrieb
Abo-Dienstleister-Suche Ausschreibung Abo-Kundenservice CRMAbo-System Verlage Presse-Vertrieb | Artikel den besten Abo-Dienstleister finden | von Uwe Henning – Montana Medien für die Zeitschrift impresso 01-2019

Artikel, erschienen in impresso, der Mitgliederzeitschrift des Südwestdeutschen Zeitschriftenverleger-Verbandes, Ausgabe 1/2019, überarbeitet in 2022.

Sie wollen Ihren Abo-Service auslagern? Wir zeigen Ihnen wie das klappt. Unsere Empfehlung: Wählen Sie ein mehrstufiges Ausschreibungsverfahren.

Für die Mehrheit der Zeitschriftenverlage ist der Vertriebsmarkt, und innerhalb dessen das Abonnement, zum wichtigsten Erlösbereich geworden. Aber das Abo gliedert sich in immer mehr Geschäftsmodelle auf und das Kundenverhalten ist im Wandel. Hier schildern wir vier Trends, die verdeutlichen, vor welchen Herausforderungen die Abo-Abteilungen stehen:

1.Digital-Abonnements

Eine neue Form, neben Print-Abo, E-Paper-Abo und Kombi-Abo. Die Anforderungen: Paywall-Steuerung, Zeitraum anstatt Ausgaben, Kunden-Self-Service im Account.

2. Wertschöpfung im Kundenkontakt.

Das bedeutet: das Kunden-Opt-In einholen, die E-Mail-Adresse erfragen, Rechnungszahler zu Bankeinzugs-Kunden wandeln und idealerweise dem Kunden ein zweites Abonnement verkaufen.

3. Zunahme der Abonnenten-E-Mails

Ein weiterer hochfrequenter Eingangskanal, eigene Servicelevel-Steuerung, zusätzlicher Bearbeitungsaufwand.

4. Abnehmende Bestände und Kostendruck

Spätestens wenn sich am Horizont Investitionen für ein neues Abo-System oder für weitere Abo-Module wie Abo-Shop, Account, CRM oder Kampagnenmanagement abzeichnen, steht die Organisationsfrage im Raum. Die Anforderungen an die unterschiedlich großen Abo-Services sind im Prinzip gleich, die Investitionen ähnlich hoch.

Kostenvorteil durch Größe

Nur die Organisationen, die hohe Abo-Bestände verwalten, kommen in den Bereich niedriger Kosten pro verwaltetem Abo. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Größe.

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Hohe Abo-Bestände ermöglichen niedrige Verwaltungskosten pro Abo | Grafik impresso 01-2019

Make or Buy

Verlage und Ihre Vertriebsabteilungen stehen immer häufiger vor der strategischen Frage: Welche Funktionen des Abo-Geschäftes sollen zukünftig im Haus fortgeführt werden, welche können sinnvoll an einen Dienstleister vergeben werden. Dies sind komplexe Fragen, für deren Entscheidungsfindung sich das Instrument der Ausschreibung anbietet.

„Es war total hilfreich, dass wir im Prozess die möglichen Partner und die Alternativen kennengelernt haben.“
Christoph Hauschild – Vertriebschef SPIEGEL-Verlag

Diese Ausschreibungs-Varianten sind im Markt zu beobachten:

• Einigen Verlagen wird der Unterhalt und die Weiterentwicklung des eigenen Abo-Systems zu teuer. Sie suchen dann das bestmögliche Miet-System.
• Einige Häuser hatten schon vor Jahren ihren Abo-Service ausgelagert und stehen jetzt vor der Frage, den Alt-Dienstleister zu wechseln.
• Andere Häuser entscheiden sich den gesamten Abo-Service an einen Dienstleister zu geben. Diese Variante wird im Folgenden beschrieben.

Der Anbietermarkt konsolidiert sich

Wie stellt sich derzeit der Markt der Abo-Service-Dienstleister dar? Big Player sind die verlagseigenen Anbietern Burda Direkt Services, DPV Deutscher Pressevertrieb und Funke direkt, deren Abo-Bestände sich jeweils im siebenstelligen Bereich bewegen. Neben den Großen stehen mit Quality Service (SPIEGEL-Verlag), DataM (Vogel Verlag), VU Verlagsunion (Bauer), PressUp (FVW Mediengruppe/Deutscher Fachverlag) und PSB Presse Service Bonn (Norman Rentrup) weitere mittelgroße Verlagsanbieter mit Abo-Beständen im sechsstelligen Bereich parat. Zusätzlich werben eine Reihe von verlagsunabhängigen Mittelständlern wie intan service plus, PVZ, Güll, Zenit und IPS sowie die beiden Fachzeitschriften-Spezialisten Vertriebsunion Meynen und InTime um Aufträge.

Der Anbietermarkt hat sich in den zurückliegenden Jahren bereits konsolidiert. Es steht außer Frage, dass nur mit größeren Beständen und mit Hilfe eines konsequenten Anforderungsmanagements die Verwaltungskosten pro Abo in Grenzen gehalten werden können.

Strategie vor Taktik

Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausschreibung ist die ausführliche Diskussion der Geschäftsführung mit dem Management der betroffenen Bereiche. Dazu gehören eine selbstkritische Analyse der Stärken und Schwächen der Organisation, ein detailliertes Abwägen der strategischen Zukunftsoptionen, eine Abstimmung über die Rand- und die Kernkompetenzen des eigenen Hauses und die daraus abgeleitete Entscheidung für ein Outsourcing. Nur wenn das Management zum Ende des Diskussionsprozesses gemeinschaftlich zu dieser Entscheidung steht, ist auch die Unterstützung im Rahmen der Ausschreibung gewährleistet. Ein weiterer Aspekt: Die Organisation des Abo-Service, aber auch die zugehörigen Teilfunktionen in der IT und Buchhaltung, befinden sich ab dem Zeitpunkt der Entscheidung bis zur Migration in einer verwundbaren Situation. Von den Mitarbeitern und Führungskräften, deren Arbeitsbereiche wegfallen, wird die bestmögliche Unterstützung bei der Dienstleistersuche benötigt.

“Im Prozess haben wir gelernt, wie unser neuer Partner mit uns als Kunden umgeht, welche Unterschiede im Vergleich zum Alt-Dienstleister bestehen.“
Christian Keck – Director Business Development Callwey Verlag

Das hier vorgestellte fünfstufige Ausschreibungsverfahren ist nur eine Variante der denkbaren Vorgehensweisen. In Zusammenarbeit mit unseren Auftraggebern haben wir es aber mehrfach erfolgreich eingesetzt.

Auslagerung versus Arbeitsplätze

Zunächst stehen Personalfragen an: Welche Mitarbeiter eignen sich für den Einsatz in anderen Bereichen des Hauses, welche Befristungen laufen aus, welche Kollegen gehen absehbar in den Ruhestand? Welcher bereich, welche Fachkräfte außerhalb des Abo-Service sind auch betroffen (IT, Buchhaltung)? Für alle Mitarbeiter gilt es vorausschauend Lösungen zu finden.

Die Ausgliederung des Abo-Service ist nur dann erfolgreich, wenn dem eine detaillierte Planung vorausgeht. Die späteren Schnittstellen, die Bring- und Holschulden der Zusammenarbeit sind zu definieren. Damit beginnt die erste Stufe der Ausschreibung.

Stufe 1 – Erst die Arbeit

Egal in wie vielen Phasen die Dienstleistersuche erfolgen soll, die meiste Arbeit lauert am Start. Es gilt es drei Fragen zu bearbeiten:
• Welche Dienstleistungen sollen zukünftig extern erbracht werden?
• Welche Anforderungen, welche Servicelevel hat der Dienstleister zu erfüllen?
• Welche Schnittstellen sind zu bedienen, welche Bringschulden sind in der zukünftigen Zusammenarbeit zu erbringen?

Diese Sachverhalte werden in einem Ausschreibungsdokument oder Pflichtenheft so detailliert wie möglich beschrieben. Hier gilt es auch festzulegen, wo zukünftig die Trennlinie zwischen Verlag und Dienstleister verlaufen soll. Die Bestandsaufnahme der Geschäftsvorfälle ist die Voraussetzung zur Formulierung der Anforderungen. Wird das Outsourcing auch zur Optimierung genutzt, dann gilt es die Prozesse neu zu beschreiben. Das Pflichtenheft der wichtigste Inhalt des späteren Dienstleistervertrages, deswegen gilt es diesen Teil möglichst vertragsfest zu formulieren.

Was ist, in welcher Qualität, in welcher Menge per Zeiteinheit, mit welcher statistischen Dokumentation und im Falle der Störung/der Nicht-Erfüllung mit welcher Folgereaktion vom Dienstleister zu erledigen?

Die Antworten auf diese Fragen sind in den seltensten Fällen bereits dokumentiert. Hier lauert eine Menge Arbeit. Der Aufwand zahlt sich aber aus. Er erleichtert später die Vertragsverhandlungen, und die nachfolgende Migration. Er klärt viele Prozesse und Details, die sonst in der Startphase der Zusammenarbeit mühsam und unter Zeitdruck bearbeitet werden müssten. In dieser Phase stehen einige Fachleute häufig nicht mehr zur Verfügung. Die gründliche Ausformulierung des Pflichtenheftes ist eine Investition in die Zukunft. Das Arbeitspensum dafür macht 50 – 60 Prozent des Gesamtaufwandes einer Ausschreibung aus.

Zum Abschluss dieser Phase werden die relevanten und interessierten Dienstleister werden kontaktiert und das Pflichtenheft wird mit der Bitte um Angebotsabgabe übergeben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat das Thema die Branchenöffentlichkeit erreicht.

Stufe 2 – Fragen und Antworten

Der Ball liegt jetzt im Feld der Dienstleister. Sie setzen sich detailliert mit den Anforderungen auseinander. Nicht selten kommt es zu intensiven und detaillierten Rückfragen. Jetzt konzentriert sich der interne Arbeitsaufwand auf die Projektleitung, Einzelfragen werden nach Rücksprache mit den Fachbereichen beantwortet. In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Beantwortung in Form von Telefonkonferenzen zu bündeln oder in einem FAQ-Papier zu dokumentieren, welches dann allen Anbietern zur Verfügung gestellt wird. Zum Abschluss der Phase gehen die Angebote im Haus ein, eventuell hat sich in der Zwischenzeit, der eine oder andere Anbieter aus dem Prozess verabschiedet.

Stufe 3 – Die Weichen stellen

In Phase drei sichtet die Projektleitung die Angebote und füllt die Entscheidungsmatrix mit den eingereichten Anbieterdaten. Alles mündet in eine Beschlussvorlage unter Berücksichtigung der Kosten und der qualitativen Faktoren. Es empfiehlt sich dieses komprimierte Marktbild mit dem Management der Fachbereiche zu diskutieren und den Fortgang des Verfahrens abzustimmen

Wenn die Größe des Anbieterfeldes es zulässt, werden jetzt die Short-List-Kandidaten für die zweite Runde bestimmt. In dieser Phase bietet es sich an, die übrig gebliebenen Anbieter vor Ort zu besuchen, um weitere Eindrücke zu sammeln. Daneben kann es Sinn machen neue Angebots-Bestandteile aus der ersten Runde in das Pflichtenheft einzuarbeiten, wo sich preiswertere, Workflows herauskristallisiert haben.

„Durch die Ausschreibung haben wir alle möglichen Partner gut kennengelernt, mit ihren Stärken und Schwächen. Wir konnten dann einschätzen, ob unser späterer Dienstleister unsere Anforderungen versteht.“
Nico Brauer – Finance Director, MPK Luxembourg

Schließlich werden die Unterlagen ein zweites Mal an die Short-List-Anbieter versendet. Eventuell gibt man dem höher anbietenden Teilnehmer einen Hinweis zum Konditionenabstand. Zum Ende dieser Phase werden den aussortierten Anbietern in einem Gespräch die Gründe erläutert.

Stufen 4 und 5 – Last Orders

In der Stufe vier reichen die Short-List-Teilnehmer ihre finalen Angebote ein. In Stufe fünf werden die Schlussverhandlungen geführt. Je nach Angebotsstand empfiehlt es sich parallel zu verhandeln, eventuell die Entscheidung an einem Tag in aufeinanderfolgenden Terminen in Anwesenheit aller Entscheidungsträger herbeizuführen. Erfahrungsgemäß nehmen die Vertragsverhandlungen noch einen gewissen Zeitraum in Anspruch, da meist noch die Details der bevorstehenden Migration und juristische Fragen zu besprechen sind. Der Ausschreibungsprozess endet mit der Vertragsunterzeichnung.

Menschen entscheiden

Eine Ausschreibung ist ein rationaler, nach kapitalistischen Regeln ablaufender Prozess. Deswegen ist die wichtigste Entscheidungsgrundlage der Kostenvergleich. Aber auch weiche Faktoren können den Ausschlag geben. In den von uns begleiteten Verfahren fiel die Wahl mehrmals auf den Zweitplatzierten. Die Intensität des Prozesses, die Gespräche und Diskussionen mit den Anbietern und die Besuche vor Ort hinterlassen starke Eindrücke. Häufig fielen Aussagen wie: „Die passen besser zu uns“ oder „Denen traue ich die Aufgabe zu.“ Viele Entscheider entscheiden sich für die etwas teurere Lösung, in der Gewissheit, die Leistung auf einem bestmöglichen Preisniveau eingekauft zu haben. Und: In der Regel liegen die Abstände der Schlussangebote nach zwei Ausschreibungsrunden nicht mehr weit auseinander. Der Gesamteindruck aus Kosten, den Ansprechpartnern und dem vermittelten Knowhow entscheidet.

Steine auf dem Weg

Für die Verlagsseite ist eine Dienstleister-Ausschreibung keine rein rationale Angelegenheit. Es geht häufig an „das Eingemachte“.

Das Management ist zum einen der Tradition verpflichtet und schöpft aus internen Erfahrungen. Andererseits muss es zur Zukunftssicherung des Unternehmens neue Wege gehen. Ein alle bewegender Faktor sind wegfallende Arbeitsplätze – was jedoch nicht immer zu betriebsbedingten Kündigungen führen muss. Wir haben beobachtet, dass es den Verantwortlichen häufig gelungen ist gute Lösungen für die Mitarbeiter zu finde. Dazu zählen die Weiterbeschäftigung auf anderen Arbeitsplätzen, der Vorruhestand oder das Auslaufen von befristeten Verträgen.

„Dann sind wir ja nicht mehr nah dran.“ „Die Kundenbeziehungen gehören doch zur Kernkompetenz des Verlages.“ Auch dies sind häufig gehörte Befürchtungen, die im Prozess ernst zu nehmen sind. Außerdem werden Management und Geschäftsführung im Rahmen des Verfahrens sehr viele Markteindrücke und Benchmarks vermittelt, die den Blick auf die eigene Organisation, auf die eigenen Stärken und Schwächen noch einmal schärfen. Und manchmal gilt es Vorbehalte auszuräumen, die durch schlechte Outsourcing-Erfahrungen in der Vergangenheit aufgebaut wurden. All diese Themen sorgen immer mal wieder für Unsicherheiten und Diskussionen im Prozess. Sie müssen aber ihren Raum erhalten, damit sie überwunden werden.

Die Mühe wert

Eine Dienstleister-Auswahl lässt sich auch ohne Ausschreibung bewerkstelligen. Entscheidungen dieser Tragweite können natürlich auch „nur“ durch Besuche bei Dienstleistern und anschließende bilaterale Verhandlungen zu einem Ergebnis gebracht werden. Hierbei fehlt aber die Sicherheit den richtigen Dienstleister gefunden zu haben. Im Vergleich dazu ist eine Ausschreibung ein objektiver Prozess und die Entscheidungsfindung wird sauber dokumentiert.

Der Nachteil von Ausschreibungsverfahren ist ihr Aufwand, der häufig die eigenen Kapazitäten übersteigt. In diesen Fällen ist die Hinzuziehung einer externen Projektunterstützung sinnvoll. Der Aufwand einer Ausschreibung – ob mit oder ohne Beratung – lohnt aber in allen Fällen, in denen drei Faktoren zusammenkommen: Komplexität, Vertragslaufzeit und Volumen.

 

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